Gesellschaftsvertrag von Rojava

Quelle: Civaka Azad – Der Gesellschaftsvertrag der Demokratischen Föderation von Nordsyrien

Ein Beispiel für ein friedliches Syrien der Zukunft – Der Gesellschaftsvertrag der Demokratischen Föderation von Nordsyrien, 25.11.2017

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Die Revolution von Rojava steht im krassen Kontrast zu den monistischen Staaten des Mittleren Ostens, die auf eine Identität, eine Nation und eine Sprache und eine Religion setzen und jede Abweichung diskriminieren oder gar zu vernichten versuchen. Rojava umfasst viele Ethnien, viele Identitäten, viele Religionen und Weltanschauungen und zielte von Beginn der Revolution darauf ab, durch direkte Repräsentation aller gesellschaftlichen Gruppen ein Modell von pluralistischer, radikaler Demokratie zu schaffen. Dieses Denken schlägt sich auch im Namen wieder – Rojava ist ein kurdischer Name, doch die Demokratische Föderation Nordsyrien repräsentiert nicht nur Kurdinnen und Kurden, daher reichte die ursprüngliche Bezeichnung der Region nicht aus. Die Demokratische Föderation Nordsyrien grenzt sich von Staatlichkeit und Nation scharf ab, was sich auch in der Präambel des Gesellschaftsvertrags niederschlägt.

Frauenbefreiung, Ökologie und Demokratie stehen als Grundprinzipien gleich am Anfang des Gesetzeswerkes. Insbesondere die Hervorhebung der lokalen Selbstverwaltung der Menschen in Räten und zivilgesellschaftlichen Organisationen hebt dieses Werk von anderen Verfassungen deutlich ab. Im Rahmen des Gesellschaftsvertrages haben alle Menschen in den Kantonen das Recht, über ihre eigenen Anliegen zu entscheiden: Die Macht liegt in der Region und nicht im Zentrum. Das gibt der Bevölkerung die Möglichkeit, sich selbst zu repräsentieren und über ihr Leben zu entscheiden.

Auch menschenrechtlich ist dieser Vertrag beispielhaft. So dürfen Asylsuchende nicht gegen ihren Willen abgeschoben werden und jeder Bürger und jede Bürgerin haben das Recht auf medizinische Versorgung, Arbeit und Wohnraum. Sicher ist es ein langer Weg, bis eine Realität geschaffen ist, in der die Menschen ihre im Gesellschaftsvertrag verankerten Rechte vollkommen in Anspruch nehmen können. Dass die Menschen in Nordsyrien in dieser Situation ein solche Verabredung treffen und sich auf ein solches Dokument einigen, untermauert die immense Bedeutung ihres Projekts – Friede bedeutet nicht nur die Abwesenheit von Krieg, sondern gesellschaftliche Versöhnung, Demokratie, Ökologie, Frauenbefreiung und soziale Gerechtigkeit.

Die Demokratische Föderation Nordsyrien sieht sich ganz klar im Kontext einer zukünftigen Demokratischen Föderation Syrien – jenseits des Baath-Regimes und imperialistischer Einflussnahme der Großmächte. So sollen die Bodenschätze gerecht geteilt und eine gemeinsame Verfassung ausgearbeitet werden. Dieser Gesellschaftsvertrag stellt ein Beispiel für eine mögliches friedliches Syrien der Zukunft dar und gibt Hoffnung, dass eine demokratischen Alternative zur kapitalistischen Moderne und nationalstaatlicher Barbarei in die Welt ausstrahlen kann.

PDF: Der Gesellschaftsvertrag der Demokratischen Föderation von Nordsyrien

PDF: Social Contract of the Democratic Federalism of Northern Syria