Zu allen Abkürzungen und Namen von Organisationen findet ihr eine kurze Beschreibung in der Übersicht zu kurdischen Organisationen und anderen Parteien in Kurdistan oder in der Übersicht zu faschistischen Organisationen in Kurdistan.
JANUAR 2013
Am 8. Januar 2013 wurde der MFS (Militärrat der Suryoye) gegründet. Er ist von Anfang an Teil der SDF und operiert überwiegend in den von Suryoye bevölkerten Gegenden. Im Jahr 2013 entstanden auch die ersten Wirtschaftskooperativen in Rojava. Ein Jahr später nahm deren Zahl sprunghaft zu.
FEBRUAR 2013
Am 23. Februar wurden die Frauenselbstverteidigungseinheiten YPJ gegründet.
FRÜHLING 2013
Rojava ist Ziel verschiedener islamischer Gruppen geworden, deren Angriffe die YPG/YPJ nur mühselig abwehren können. Während generell zwischen DAIŞ,
al-Nusra und FSA im Jahr 2013 ein Konkurrenzverhältnis zu herrschen schien, war ihre gemeinsame Politik gegen Rojava gerichtet.
Die seit 2011 in den, mehrheitlich von Kurd*innen bewohnten, nördlichen Stadtteilen von Aleppo aufgebauten räte- und basisdemokratischen Strukturen, wurden nach bewaffneten Angriffen des syrischen Staates und der Freien Syrischen Armee (FSA) 2013 in großem Maße zurückgedrängt. Im März beschlossen die Räte-strukturen zum ersten Mal seit Jahrzehnten, Newroz nicht groß zu feiern, denn alle Menschenansammlungen wurden vom Staat bombardiert. Sowohl der Staat als auch die FSA gingen zu größeren Angriffen über, um die Schlacht von Aleppo für sich zu entscheiden. Das neutrale Verhalten der Kurd*innen und YPG/YPJ störte beide Kräfte. Die Rätestrukturen wollten sich jedoch von beiden Seiten nicht instrumentalisieren lassen und widersetzten sich. Nach den Angriffen auf die Kommune von Aleppo mussten im April schließlich ein Großteil der Bevölkerung nach Efrîn evakuiert werden.
Im Kanton Cizîrê überrannten Islamisten der al-Nusra-Front im März 2013 die Stadt Til Koçer und die umliegenden Dörfer. Sie besetzten die Stadt mit der wichtigen Grenzstation zum Irak und vertrieben die überwiegend arabische Bevölkerung. Die Menschen flohen in die kurdischen Städte Dêrîk, Qamişlo und Rimelan. Die örtliche Bevölkerung in den Städten des Kantons Cizîrê brachte die Geflüchteten in Schulen, Moscheen, Kirchen oder den Volkshäusern der neu aufgebauten Basisorganisationen der kurdischen Bewegung TEV-DEM unter. Til Koçer und die umliegenden Dörfer wurden zum Zentrum der islamistischen Banden, es kam zu grausamen Exzessen. Leichen mit abgeschnittenen Köpfen tauchten regelmäßig in Internetvideos auf.
Von Januar bis Juni 2013 war Serêkaniyê von Islamisten der al-Nusra-Front besetzt. In diesen Monaten erfolgten heftige Auseinandersetzungen, die von einem Waffenstillstand abgelöst wurden. 35 YPG/YPJ Kämpfer*innen kamen ums Leben. Nach fünf solchen Phasen von Waffenstillstand und offenem Krieg waren die YPG/YPJ schließlich so stark geworden, dass sie zusammen mit der bewaffneten Bevölkerung im Juni 2013 al-Nusra sowie mit ihnen verbündete Banden aus den Reihen der FSA aus der Stadt jagen konnten.
Nach monatelangen Protesten in Nord-Kurdistan – insbesondere in Nisebîn (Nusaybin) – konnten ab Frühjahr 2013 über die offiziellen türkisch-syrischen Grenzübergänge in regelmäßigen Abständen Medizin eingeführt werden.
JULI UND AUGUST 2013
Erdoğans neo-osmanisches Projekt war primär an die von Qatar unterstützte Muslimbruderschaft gebunden. Anfang Juli wurde der ägyptischen Staats-präsident Mursi durch einen Militärputsch von der Macht vertrieben. Dies schwächte die Position der Muslimbruderschaft und der Türkei im Mittleren Osten im Allgemeinen.
Am 23. Juli 2013 genehmigte der US-Kongress Waffenlieferungen an die FSA.
Im Sommer 2013, dem ersten Jahrestag der Revolution, begann der Krieg. Unterstützt von der Türkei griffen die al-Nusra-Front, al-Qaida und Einheiten der Freien Syrischen Armee (FSA) zunächst Serêkaniyê, in der Folge aber auch andere Orte in Afrîn, Kobanî und Hesekê an. Die Dschihadisten nahmen den südlichen Teil der Provinz al Hasaka und Serêkaniyê ein.
In der Region Hesekê wurde im Sommer 2013 eine große Anzahl armenischer Frauen vom IS entführt, vergewaltigt und ermordet. In dieser Region haben Kurd*innen, Araber*innen, Christ*innen, Drus*innen, Sunnit*innen und Alawit*innen friedlich miteinander gelebt. Die radikalislamischen Gruppen griffen zugleich auch dieses friedliche Zusammenleben an. Unter der islamistischen Besatzung litten besonders die Suryoye. Geschäftsleute, Nonnen, Bischöfe und bekannte Persön-lichkeiten wurden gekidnappt und ermordet, daraufhin setzte eine Massenflucht in Richtung Türkei und Europa ein. Die verbliebenen Suryoye schlossen sich größtenteils der TEV-DEM an.
Zwischen dem 31. Juli und dem 1. August 2013 verübten Mitglieder der FSA und al-Nusra zusammen mit der kurdischen Azadî-Brigade, die zur im Kurdischen Nationalrat vertretenen Azadî-Partei gehört, ein Massaker an der Bevölkerung der Dörfer Til Hasil und Til Haran bei Aleppo. Legitimiert wurde der Anschlag Berichten von Augenzeugen zufolge dadurch, dass die Opfer der linken, kurdischen PYD („Partei der demokratischen Union“) naheständen. Die Dschihadisten umstellten Til Hasil und Til Haran, niemand konnte den Ort verlassen. Sie haben Frauen entführt, gefoltert und vergewaltigt, Häuser geplündert, sogar die Kinder getötet. Selbst auf fliehende Zivilist*innen eröffneten Scharfschützen das Feuer. Diesem Massaker fielen etwa 70 Personen zum Opfer, Hunderte wurden entführt.
Nachdem die starken Angriffe von islamistischen und anderen bewaffneten oppositionellen Gruppen, aber auch von Teilen der FSA, auf Afrîn im Sommer und Herbst 2013 abgewehrt wurden, und DAIŞ alle nicht-staatlichen bewaffneten Gruppen Ende 2013 in einem großen Gebiet nördlich von Aleppo zurückgedrängt hatte, änderte sich einiges in der Konstellation dieser Region. Die Rätestrukturen in Afrîn und die Verteidigung hatten weiter an Stärke und Stabilität gewonnen.
Im August 2013 begann der Siegeszug des IS im Irak und in Syrien.
OKTOBER 2013
Ende Oktober fiel Til Koçer (Serêkaniyê) in die Hände der YPG/YPJ. Die Islamisten hatten die Zugänge zur Stadt Til Koçer vermint, aber die YPG- und YPJ-Einheiten rückten in der Dunkelheit vor und entschärften die Minen. Bewohner*innen der Region führten die vorstoßenden Truppen in die Gegend. Mitglieder der arabischen Şammar kämpften Seite an Seite mit den Volks- und Frauenverteidigungs-einheiten. Insgesamt dauerte die Befreiungsaktion zehn Tage. Die Banden flohen und ließen einige Panzer, schwere Artillerie, Autos und anderes Kriegsmaterial zurück. Mit der Befreiung von Til Koçer gewannen die YPG und YPJ die Herzen der Bewohner*innen, viele schlossen sich ihnen an. Alle erklärten, ihr Land verteidigen zu wollen, egal ob Kurd*innen, Araber*innen, Suryoye oder Ezid*innen.
NOVEMBER 2013
Til Xelef (Serêkaniyê) wurde im November durch die YPG/YPJ von dschihadistischer Besatzung befreit.
Rojava erhielt 2013 in keiner Weise internationale politische oder
anderweitige Unterstützung.