SPENDENAUFRUF

SPENDENAUFRUF FÜR INTERNATIONALIST*INNEN

Spendenkonto der Roten Hilfe Chemnitz

IBAN: DE31 4306 0967 4007 2383 61
BIC: GENODEM1GLS
Betreff: CDUbesetzen

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Am 25. Oktober 2019 besetzten 13 Internationalist*innen erfolgreich das CDU-Wahlkreisbüro in Chemnitz. Nun laufen Ermittlungen gegen alle Beteiligten und
die ersten Strafbefehle ergeben Repressionskosten im fünfstelligen Bereich.

Am 9. Oktober startete die militärische Invasion der türkischen NATO-Armee
und ihrer verbündeten dschihadistischen Milizen gegen die Menschen in Nord-
und Ostsyrien (Rojava). Dieser Krieg dient keineswegs der „Grenzsicherung“, sondern faktisch der Vernichtung der kurdischen Identität und aller im Zuge der Revolution in Rojava geschaffenen Errungenschaften. Aufgrund der politischen, wirtschaftlichen und personellen Verbindungen der BRD mit der kolonialfaschis-tischen Präsidialdiktatur der Türkei, sahen sich Internationalist*innen in Chemnitz gezwungen, Protest zu verüben.

Dieser unmenschliche Vernichtungsfeldzug der Türkei gegen die Menschen in Kurdistan reiht sich ein in eine jahrzehntelange Tradition des Genozids und Femi-zids an Kurd*innen, Jesid*innen, Armenier*innen und vielen anderen unterdrückten Minderheiten in Westasien. Im April 2018 gelang es dem türkischen Staat mit einer Armee aus Dschihadisten unter Einsatz von deutschen Panzern und Kriegstechnik nach dreimonatigen Kämpfen mit den YPG/YPJ die Stadt Êfrin völkerrechtswidrig zu annektieren. Nun befindet sich die gefallene Stadt unter Schreckensherrschaft von religiösen Fundamentalisten und die AKP setzt sich zum Ziel, durch Ansied-lung von IS-Familien und arabischen Geflüchteten die Demografie der Region nachhaltig zu ändern – und Kurd*innen von der Karte zu tilgen.

Als in Efrin Bomben fielen, hat die internationale Gemeinschaft geschwiegen.
Als die türkische Armee und Dschihadisten verschiedenster islamistischer Organisationen, wie Al-Nusra und dem IS, 2019 in Rojava einfiel, bombardierte, exekutierte, Chemiewaffen einsetzte, vertrieb, plünderte und vergewaltigte, schwiegen die Herrschenden abermals. Hunderttausende Internationalist*innen tragen seitdem ihren Protest, ihre Wut und ihre Solidarität mit den Menschen in Rojava und einer einzigartigen Revolution auf die Straße.

Um gegen die kriegerische Zusammenarbeit der Bundesregierung mit der Türkei zu protestieren, besetzten am 25. Oktober 13 Internationalist*innen erfolgreich das CDU-Wahlkreisbüro am Markt in Chemnitz. Im Verlauf eines simulierten Interviews mit der Kreisvorsitzenden gelangten die Aktivist*innen gewaltfrei und unbewaffnet in das Parteibüro. Drei der Besetzer*innen ketteten sich mit Eisenschlössern irre-versibel an eine Absturzsicherung am Fenster. Aus den Fenstern im zweiten Stock wurde während der ganzen Besetzung mit Passant*innen und der unterstützenden Kundgebung vor dem Haus der CDU-Geschäftsstelle kommuniziert. Während den Verhandlungen mit der Polizei und der anschließenden Räumung verhielten sich alle Besetzer*innen entschlossen und gewaltfrei. Durch Angebote, Provokationen und Beleidi-gungen von Einsatzleitung und Beamten ließen sich die Internationa-list*innen nicht aus dem Konzept bringen. Trotz aller Zurückhaltung wendete die Polizei bei der Räumung permanent Schmerzgriffe und rohe Gewalt an. Nach fast vier Stunden war das CDU-Büro vollständig geräumt. Allen Besetzer*innen wurde nach der Räumung ein Platzverweis erteilt, eine Internationalistin wurde aus insze-nierten Gründen für mehrere Stunden in der Hauptwache gefangen gehalten.

Nach der Aktion suchten zwei Internationalist*innen mit Verletzungen an Kopf, Händen und Rippen einen Notfallchirurgen auf. Im Nachgang der Aktion wurden alle 13 Besetzer*innen beschuldigt, sich strafbar gemacht zu haben gemäß §§240, 123 StGB (Hausfriedensbruch, Nötigung) und §§ 17, 28 SächsVersG (Verbot von Vermummung u. Schutzwaffen bei Versammlungen). Eine weitere Person, welche auf der Kundgebung ein Interview gegeben hat, wurde wegen Mittäterschaft ange-klagt. Mehrere Aktivist*innen haben nun, zusätzlich zu Zahlungsaufforderungen, welche den Polizeieinsatz refinanzieren sollen, Strafbefehle erhalten. Gegen die geforderten Geldstrafen werden wir juristisch vorgehen. Die Strafzahlungen betra-gen pro Person zwischen 1200€ und 2700€, aufgeteilt auf 60 bis 100 Tagessätze. Somit befinden sich unsere Repressionskosten bereits im fünfstelligen Bereich.

WIR WERDEN HEUTE LAUTER SEIN DENN JE!

Es zeichnet sich ab, dass die nächste Eskalation kurz bevor steht. Im Angesicht der Corona-Pandemie und dem globalen Angriff auf die Gesellschaften, im Ange-sicht der wachsenden Aggression des türkischen Faschismus in Kurdistan und in der gesamten mittelöstlichen Region heißt es, im Sinne einer internationalen anti-faschistischen, antiimperialistischen und antikapitalistischen Front, gemeinsam Hand in Hand den Widerstand zu organisieren und sich auf den nächsten Angriff auf Rojava vorzubereiten. Der türkische Faschismus wird weder in Libyen, noch im Mittelmeer gestoppt werden, sondern in Rojava, in den Bergen Kurdistans und mit dem Aufstand in den Metropolen wird er sein Ende finden. Wir sehen uns als Teil der internationalen revolutionären Linken in der Verantwortung, die basisdemokra-tische, ökologische Frauenrevolution in Rojava zu verteidigen. Nichts wird uns da-von abbringen, Seite an Seite mit den Freund*innen in Rojava für die Revolution in Westkurdistan und gegen den Faschismus zu kämpfen.

Wir rufen hiermit alle Freund*innen dazu auf, unsere Spendenkampagne zu unterstützen. Werdet Teil der Spendenkampagne und sammelt Geld bei euren Veranstaltungen, oder auf der Straße. Kauft unsere Solishirts! Jeder Cent zählt!

Berxwedan Jîyan e! Widerstand heißt Leben!

Bijî berxwedane Rojava! Lang lebe der Widerstand in Rojava!

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Soli T-Shirt „DEFEND ROJAVA“

In Chemnitz wurde am 25.10.2019 das Wahlkreisbüro von Frank Heinrich (CDU) durch 13 Internationalist*innen besetzt, um auf den völkerrechtswidrigen Angriffs-krieg der Türkei auf Rojava aufmerksam zu machen. Diese Besetzung wurde gewaltsam von der Polizei geräumt. Die Repressionkosten sind aktuell schon in einem fünfstelligen Bereich. Damit solche und andere Aktionen weiterhin stattfinden können, würden wir uns freuen, wenn ihr euch solidarisch zeigt und ein T-Shirt kauft. Die Shirts sind zu 100% aus Baumwolle und fairtrade. Die Einnahmen des Vertriebs gehen zu 100% an die Kampagne. Bei finanziellem Überschuss wird das Geld an ähnliche Projekte oder Gruppen gespendet. Ihr könnt natürlich auch direkt an die Solikampagne CDU BESETZEN? UNBEZAHLBAR! spenden. Alle Informationen zur Besetzung und umfassende Informationen zu dem Krieg in Kurdistan findet ihr auf diesem Blog.

Die T-Shirts könnt ihr bei BLACK MOSQUITO bestellen.

Vorderseite

Rückseite

Berxwedan Jîyan e! Widerstand heißt Leben!
Bijî berxwedane Rojava! Lang lebe der Widerstand in Rojava!


ANMERKUNG ZUM DESIGN

Wir sind uns bewusst, dass eine Kriegswaffe ein provokantes Motiv für ein T-Shirt darstellt und durchaus ohne tiefere Überlegungen als kriegsverherrlichend interpre-tiert werden kann. Wir wissen auch, dass wir mit einem anschlussfähigeren Motiv eine breitere Masse erreichen könnten und somit auch mehr Geld einnehmen wür-den, um unsere Repressionskosten zu decken. Wir haben jedoch die AK-47 als Motiv gewählt, weil wir diese Waffe als Symbol für die Selbstverteigidungskraft der Revolution in Rojava betrachten. Abdullah Öcalan, der ideologische Vordenker der kurdischen Befreiungsbewegung, schrieb 2011 in „Die Roadmap für Verhandlung-en“ über das Prinzip der Wehrhaftigkeit von Demokratien. „Die demokratische Gesellschaft und das freie Individuum müssen nicht nur revolutionäre und evolutio-näre Fortschritte hervorbringen, sondern gleichzeitig auch das Problem der Selbst-verteidigung lösen. Die jüngste Phase der strukturellen Krise der kapitalistischen Moderne hat die Selbstverteidigung zum dringendsten Problem gemacht. Jede Gemeinschaft muss sich als Selbstverteidigungseinheit konstituieren, ebenso wie als ökonomische, ökologische und demokratische Einheit.“

Im Zuge der Revolution in Rojava bildeten sich ab 2011 bewaffnete Selbstvertei-digungsstrukturen, um die Gesellschaft gegen Angriffe des syrischen Regimes
und fundamentalistischer Rebellen-Armeen zu verteidigen. Seitdem kämpfen die Freund*innen in Kurdistan Seite an Seite gegen repressive und imperialistische Großmächte und dschihadistische Armeen, wie den Islamischen Staat und Al-Nusra. Ohne die selbstlose Aufopferungsbereitschaft und die militärische Ent-schlossenheit der Selbstverteidigungskräfte, wäre es niemals möglich gewesen, die Zivilbevölkerung und die demokratischen Errungenschaften von Rojava zu schützen. Die Anwendung von Gewalt erscheint in diesem Zusammenhang als unmittelbare Notwendigkeit.

Es ist nicht unser Ziel, die Verteidigung der Revolution in Rojava mit all ihren zivi-
len Errungenschaften der Organisierung auf den bewaffneten Kampf zu reduzieren. Dennoch spielt dieser eine besondere Rolle – einerseits im Kontext des Krieges im Mittleren Osten, andererseits im Zuge der Frauenrevolution. Dass sich Frauen in Kurdistan aus feudal-patriarchalen Familienstrukturen erheben und gegen Unter-drückung und Versklavung kämpfen, zeugt von einem tiefen gesellschaftlichen Umbruch. Eine Frau, die eine Waffe trägt, das Herrschaftssymbol des Mannes, rüttelt an den Grundfesten des Patriarchats. Mit dem Motiv wollen wir Diskussio-
nen zu diesem Kampf, der kategorischen Ablehnung jeglicher Anwendung von Gewalt und der Rolle der BRD als viertgrößten Waffenexporteur der Welt (Stand März 2020), sowie der Lieferung von Kriegswaffen und Rüstungsgütern der Bun-desregierung an die Türkei anregen.

Unterdrückung von Protest in der Türkei

Tear Gas and Rubber Bullets Disrupt Istanbul Gay Pride Parade
(VICE News, Juli 2015, english)

Turkish police officers disrupted this year’s Istanbul gay pride march, violently dispersing peaceful crowds as they gathered at the city’s iconic Taksim Square. Istanbul’s annual march has been taking place in the city for over a decade, and the numbers of those attending have increased throughout the years. The police actions on Sunday were an apparent response to the sudden banning of the event by Istanbul governor’s office, which reportedly decided to outlaw the march as it coincided with the holy month of Ramadan. Undeterred, crowds began congregating on nearby streets, only to be fired upon with tear gas, rubber bullets, and water cannons by the police. Marchers told VICE News how they were attacked and injured by the heavy-handed police actions. Despite this, pride marchers continued to gather on the streets until the early hours of Monday morning.

USA, Russland und Türkei gegen Rojava

Quelle: Civaka Azad – Die Furcht vor dem demokratischen, ökologischen und geschlechterbefreiten Gesellschaftssystem (Januar 2020)

Trump, Putin und Erdogan

Die Phase des türkischen Besatzungskrieges in Cerablus, Azaz, Efrîn und später in ganz Rojava begann im Wesentlichen am 19. Dezember 2018, dem Tag, an dem US-Präsident Donald Trump den Rückzug aus Syrien ankündigte. Infolge dieser mit den US-Verantwortlichen vor Ort unabgesprochenen Erklärung trat der US-Sonderbeauftragte für die internationale Koalition gegen die Terrormiliz »Islamischer Staat« (IS), Brett McGurk, zurück. An seine Stelle wurde der ehemalige US-Botschafter in Ankara, James Jeffrey, gesetzt. Jeffrey hat vom ersten Tag an mit seinen Erklärungen und Entscheidungen eine völlig andere Linie in Bezug auf Nordsyrien und Rojava gefahren als Brett McGurk, indem er die aggressive Besatzungspolitik der Türkei unterstützte.

Der klarste Ausdruck dessen ist der Plan der »Sicherheitszone«, gänzlich eine Idee von James Jeffrey. Er kam zusammen mit einer Delegation am 22. Juli 2019 zu einem dreitätigen Besuch nach Ankara, bei dem er mit türkischen Staatsvertretern das Thema der Sicherheitszone in Nordsyrien besprach. Parallel dazu führte er auch Gespräche mit den Kurden in Syrien und traf sich mit Kommandanten der Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) und der Selbstverteidigungskräfte von den YPG.

Im Rahmen dieser Gespräche wurde Anfang August beschlossen, einen gemeinsamen Sicherheitsmechanismus zu entwickeln, um die »sichere Zone« aufzubauen. Es wurden Vereinbarungen getroffen, denen zufolge fünf Kilometer hinter der türkischen Grenze Verteidigungsmaßnahmen wie Stellungen, Kanäle, Barrikaden und Tunnel zerstört und die dort befindlichen schweren Waffen zurückgezogen werden sollten. Dementsprechend wurden die Stellungen und Verteidigungssysteme mit Baumaschinen niedergerissen, QSD und YPG zogen ihre schweren Waffen aus Serê Kaniyê (Ras al-Ain) und Girê Spî (Tall Abyad) zurück. Im Rahmen dieses Mechanismus unternahmen die Türkei und die USA im kurdisch kontrollierten Norden Syriens Patrouillenflüge und auf dem Land gab es gemeinsame Patrouillen entlang der Grenze.

Auf der Generalversammlung der Vereinten Nationen am 24. September hielt der türkische Staatspräsident Tayyip Erdoğan eine Rede, in der er seine Pläne der ethnischen Säuberung, die den UN zufolge als Kriegsverbrechen gilt, offen zur Sprache brachte und seinen Rojava-Besatzungsplan mithilfe einer Landkarte Syriens illustrierte.

Erdoğan erklärte, dass die Vorbereitungen zur Sicherheitszone zusammen mit den USA durchgeführt werden würden, und führte aus: »Östlich des Euphrats können wir eine sichere Zone einrichten. Dort können wir die Flüchtlinge ansiedeln. Wir können drei Millionen Syrer zurück in ihre Heimat bringen.« Diese dreiste und anmaßende Haltung Erdoğans, der von der Besetzung Syriens zum Zwecke der Ausdehnung der türkischen Grenzen so sprach, als sei es das Natürlichste auf der Welt, fand in der UN-Generalversammlung keine ernsthafte Reaktion und ist als schändliche Haltung in die Geschichte eingegangen.

Am 13. Oktober 2019 erklärte US-Präsident Trump gegenüber FoxNews: »Die Türken und Kurden bekriegen sich seit Jahrhunderten, sollen sie weitermachen. Die Kurden können den Luftangriffen der Türkei nichts entgegensetzen und müssen sich von der Grenze zurückziehen. Die Zeit unserer Rückkehr ist gekommen. Wir werden Syrien verlassen.«

Einzigartiges »Waffenstillstandsabkommen«

Das war die Entscheidung, die von den USA seit 2014 geführte Koalition gegen den IS in der Region zu beenden. Auf diese Weise haben die USA die von Erdoğan und anderen türkischen Vertretern seit Monaten geäußerte Drohung gegenüber Rojava überhört und dem Angriff den Weg geebnet. So zogen sie einen Tag vor dem Angriff ihre Soldaten aus Serê Kaniyê und Girê Spî ab und beendeten offiziell und de facto die Zusammenarbeit mit den QSD.

Das zwischen den USA und der Türkei am 16. Oktober 2019 getroffene »Waffenstillstandsabkommen« ist hierbei einmalig in der Geschichte. Es wirkt wie ein lächerlicher Taschenspielertrick, dass zwei Staaten, die sich nicht gegenseitig bekriegen und sich sowohl im gleichen Lager befinden als auch NATO-Partner sind, ein »Waffenstillstandsabkommen« abschließen.

Die USA, die die türkische Besatzung genehmigten, veröffentlichten im Rahmen des Treffens mit türkischen Staatsvertretern in Ankara einen Text, in dem in 13 Punkten die »Besatzung« legitimiert wird. Nach dem Treffen erklärte Trump, die Kurden müssten aus ihren Gebieten geschafft und nach Deira Zor gebracht werden: »Der Waffenstillstand läuft gut. Es ist Zeit, dass die Kurden in die Ölgebiete gehen. Sie gehen in neue Gebiete. Das Öl ist gesichert.«

»Waffenstillstandsabkommen« ist gleichzeitig ein Friedensvertrag mit den dschihadistischen Gruppen

Dieses Abkommen legitimiert die Besetzung Rojavas durch die Türkei und den IS. Es legt die türkische Besatzung auf syrischem Boden fest und sieht vor, dass die Kurden entlang der türkisch-syrischen Grenze in einer Tiefe von 35 Kilometern aus der Region vertrieben werden. Das zwischen den USA und der Türkei getroffene »Abkommen« zur Waffenruhe sieht für beide keinerlei Pflichten vor. Nicht der Besatzer wird dazu angehalten, sich zurückzuziehen, sondern die Gesellschaft, deren Territorium besetzt wird, und deren Selbstverteidigungskräfte werden dazu gezwungen, sich zurückzuziehen.

Das von bilden Staaten vereinbarte »Waffenstillstandsabkommen« ist gleichzeitig ein Friedensvertrag mit den dschihadistischen Gruppen, die zuvor von den USA als terroristisch erklärt worden waren. Denn abkommengemäß ziehen sich die Kurden 35 km von der Grenze zurück und Mitglieder der dschihadistischen Gruppen und deren Familienangehörige sollen dort angesiedelt werden.

Das am 22. Oktober 2019 in Sotschi nach dem Treffen zwischen Putin und Erdoğan verabschiedete 10-Punkte-»Abkommen« hat die »Waffenstillstandsvereinbarung« bestätigt. Russland erklärte entsprechend den türkischen Forderungen, dass sich die Kurden 35 Kilometer von der Grenze zurückziehen müssten und die Besatzung durch den türkischen Staat und die zuvor als terroristisch erklärten Gruppen in Rojava und Nordsyrien unterstützt werde.

Das in Russland unterzeichnete Sotschi-Abkommen hat die Verantwortung zum Schutz der territorialen Einheit und politischen Souveränität Syriens nicht der syrischen Armee, sondern der »Syrischen Nationalarmee« (SNA) übertragen, die aus von der Türkei abhängigen Gruppen zusammengesetzt ist. Somit bestätigte Russland die Legitimität der als Syriens Nationalarmee betitelten »Armee«, die aus Gruppen von Al-Qaida, Al-Nusra, Ahrar al-Scham und IS besteht.

Zusammenfassend ist festzustellen: Der türkische Staat hat zusammen mit seinen dschihadistischen Verbündeten mit Zustimmung und Unterstützung Russlands und der USA Rojava besetzt. Die USA haben ihre Soldaten zurückgezogen und ihre Stützpunkte aufgelöst. Die Kurden schlossen daraufhin mit Syrien und Russland eine Vereinbarung über die gemeinsame Verteidigung der Grenzen. Doch Syrien schickte seine Soldaten nicht an die Grenze und wartete auf die Realisierung der Besatzung.

Im Zuge der Angriffe der Türkei haben die USA und Russland den syrischen Luftraum für die türkischen bewaffneten Drohnen und Kampfflugzeuge geöffnet und somit der Überlegenheit der QSD und YPG/YPJ über die türkische Armee am Boden ein Ende gesetzt. Dadurch bekamen die türkische Armee und ihre dschihadistischen Verbündeten die Möglichkeit, mithilfe von Luftangriffen vorzurücken.

UNO, USA und Russland scheinen sich darüber verständigt zu haben, der Türkei eine mögliche »Sicherheitszone« an der Grenze zu übergeben. Die Besuche Erdoğans am 22. Oktober in Russland und am 13. November in den USA verfolgten das Ziel, diese Besatzungspläne auszuweiten.

Strategische Allianz zur Zerschlagung der Selbstverwaltung in Rojava

Die Besatzung der Türkei zuerst in Cerablus und Azaz, Efrîn und nun in Girê Spî und Serê Kaniyê geschah nicht trotz der USA und Russland, sondern mithilfe ihrer Zustimmung und Unterstützung. So wurde die Verbindung zwischen den Kantonen Efrîn, Kobanê und Cizîrê getrennt und das in Rojava aufgebaute System der demokratischen Selbstverwaltung physisch und de facto auseinandergerissen.

Die USA, Russland, die Türkei und Syrien stecken beim Thema der Zerschlagung der Selbstverwaltung in Rojava von Anfang an in einer strategischen Allianz. Die erneute Integration der Türkei in Syrien durch die USA und Russland hängt damit zusammen.

Während des Verfassens dieser Zeilen fand am 3. und 4. Dezember der NATO-Gipfel in London statt. Die Türkei hatte vorab erklärt, den von der NATO angesichts der Russland-Gefahr vorgesehenen Baltikum-Verteidigungsplan blockieren zu wollen. Die Türkei zielte darauf ab, vor den Diskussionen über den Baltikum-Verteidigungsplan die Differenzen innerhalb der NATO auszunutzen, um die Besatzung in Nordsyrien in eine gemeinsame »NATO-Besatzung« umwandeln zu lassen. Türkische staatliche Vertreter erklärten, die für das Baltikum und Polen vorgesehene NATO-Verteidigung müsse auch für die Türkei gewährleistet werden. Man werde den Baltikum-Plan angesichts der Gefahren an der syrischen Grenze nicht akzeptieren, wenn die YPG nicht in die Terrorliste aufgenommen werden würden. Wenn die Türkei diese Sichtweise durchsetzt und die NATO in einer gemeinsamen Entscheidung PYD und YPG in die Terrorliste aufnimmt, wird die Besatzung in Rojava und Nordsyrien als NATO-Operation an Legitimation gewinnen. Der Türkei wird so garantiert, als NATO-Partner in den besetzten Gebieten bleiben zu dürfen.

»PKK gefährlicher als der IS«

Das Projekt der ethnischen Säuberung und der Vertreibung der Kurden wird Schritt für Schritt realisiert. Aber auch der Kampf der Kurden und der Völker Nordsyriens dagegen dauert weiter an. Die Basis für diese sehr komplizierten, flexiblen und schwer verständlichen Beziehungen und Bündnisse bildet der antagonistische Widerspruch und Konflikt zwischen kapitalistischer und demokratischer Moderne.

UNO, USA und Russland sind besorgt, dass sich ein demokratisches, ökologisches und geschlechterbefreites Gesellschaftssystem – ein Projekt des kurdischen Vordenkers Öcalan und unterstützt von der PKK – in einer Region wie dem Mittleren Osten als lebendiges Beispiel und als Alternative zum bestehenden System weiter ausweitet. Die Äußerung Trumps, der hier direkte Beziehungen mit den QSD, YPG und YPJ pflegt, dass »die PKK gefährlicher als der IS« sei, ist Ausdruck dieser Furcht. So werden QSD, YPG und YPJ offen als Verbündete der Koalition anerkannt, nicht aber der Demokratische Rat Syriens (MSD) und die Räte der Kantone sowie die Partei der Demokratischen Einheit (PYD) als politischer Wille.

Es ist eine gemeinsame Haltung der UNO, der USA und Russlands, dass im Rahmen der Lösungsverhandlungen für Syrien wieder kein politischer Vertreter der demokratischen Selbstverwaltung zur siebten Runde der Genfer Friedensgespräche und in die Verfassungskommission für Syrien eingeladen wurde. Diese Haltung demonstriert den strategischen und tiefen Krieg zwischen kapitalistischer und demokratischer Moderne.

Ethnische Säuberung zur Lösung der „Flüchtlingsfrage“

Quelle: Civaka Azad: Ethnische Säuberung zur Lösung der „Flüchtlingsfrage“?

„Erdogan plant neuen Flüchtlings-Gipfel mit Merkel“, „Erdogan trifft Putin und Rohani“, „Turkey’s Erdogan attends Trump reception“ – diese Schlagzeilen machen deutlich: In diesen Tagen mischt der türkische Staatspräsident auf der ganz großen Bühne der internationalen Diplomatie mit. Erdogan hat Gesprächsbedarf. Er will mit den internationalen Machthabern über Syrien sprechen, insbesondere über den Norden Syriens. Damit zusammenhängend geht es auch um Idlib, dem syrischen al-Kaida Ableger Tahrir al-Sham, um die Frage der Geflüchteten und natürlich um die Demokratische Föderation Nordsyriens, das eigentliche Anliegen des türkischen Staatspräsidenten.

Denn der türkische Staatspräsident macht keinen Hehl daraus, dass er die Errungenschaften der Bevölkerung im Norden Syriens zunichtemachen will. Seine Interventionsdrohungen konnten nur durch anstrengende Verhandlungen mit den USA unterbunden werden. Doch kurz nach der Einigung zwischen beiden Parteien zeigte sich der türkische Staatspräsident erneut unzufrieden und begann von Neuem seine Kriegsdrohungen lautwerden zu lassen. Und um diese Pläne wahr werden zu lassen dreht Erdogan nun gleich an mehreren Schaltern.

Mit der Flüchtlingsfrage die EU erpressen

Der türkische Staatschef hat nämlich gelernt, wie leicht er die gesamte Europäische Union unter Druck setzen kann. Spätestens als in der Nacht des 17. Septembers plötzlich 791 syrische Geflüchtete auf mehreren griechischen Inseln ankamen, war die Message in Brüssel angekommen. Erdogan entsandte eine unmissverständliche Drohung: Entweder ihr unterstützt meinen Kurs in der Frage der syrischen Geflüchteten oder ihr könnt euch selbst mit ihnen rumschlagen.

Mit dieser Drohung hat Erdogan bereits mindestens sechs Milliarden Euro Hilfsgelder aus Europa erhalten. Nun tischt er dieselbe Drohung nochmals auf, um Unterstützung für seine Interventionspläne in Nordsyrien zu generieren. Denn seit wenigen Wochen hat sich die Sprachwahl in der türkischen Politik bzgl. der Interventionsbestrebungen verändert: Nun geht es weniger um die „Vernichtung eines Terrorkorridors“, sondern eher um eine „Lösung der Flüchtlingsfrage, welche die Türkei nicht länger alleine schultern kann.“

Erdogan will also, dass seine Truppen in den Norden Syriens einmarschieren und anschließend die rund drei Millionen syrischen Geflüchteten dort ansiedeln. Bei dem Vorhaben gibt es nur zwei Probleme: Einmal stammen die wenigsten syrischen Geflüchteten in der Türkei tatsächlich aus den Gebieten, welche Erdogan besetzen will. Und zum Zweiten ist die Region Nordsyriens kein menschenleeres Gebiet.

Assads arabischer Gürtel soll von Erdogan vollendet werden

Wenn wir verstehen wollen wie das Vorhaben Erdogans genau aussieht, reicht ein Blick auf die seit März 2018 von der Türkei besetzte Provinz Efrîn aus. Auch dort hat der türkische Staatschef Syrerinnen und Syrer ansiedeln lassen. Nur hat er zuvor erst einmal die eigentliche Bevölkerung der Region vertrieben. Während hunderttausende Kurdinnen und Kurden aus Efrîn ihre Heimat hinter sich lassen mussten und bis heute unter schwierigsten Bedingungen in der Region Shehba verweilen, siedelte der türkische Staat islamistische Milizen, die mit der Türkei kooperieren, und ihre Familienangehörigen, in der Provinz an. Diejenigen Einwohner Efrîns, die bis heute versuchen in ihrer Heimat zu bleiben, sind immer wieder Opfer von Entführungen, Raubüberfällen oder Vergewaltigungen. Die Urheber dieser Verbrechen sind türkeitreue Milizen, die aus Aleppo, Idlib und anderen Regionen abgezogen und in Efrîn stationiert worden sind. Ein solches Vorgehens nennt man eine ethnische Säuberung.

Sollte die Türkei ihre Drohungen hinsichtlich einer weiteren Intervention in Nordsyrien verwirklichen, so wird sie ohne Zweifel versuchen, ihr Vorgehen von Efrîn in einem größeren Maßstab zu wiederholen. Um drei Millionen Syrerinnen und Syrer in der Region anzusiedeln, sollen wohl ebenso viele Menschen aus der Region vertrieben werden. Die Opfer eines solchen Szenarios wären natürlich in erster Linie die Kurdinnen und Kurden, die in diesen Regionen beheimatet sind. Knickt also Deutschland und die EU vor Erdogans Drohungen ein, so macht sich Deutschland in der Konsequenz auch für die Kriegsverbrechen und ethnischen Säuberungen mitverantwortlich, die der türkische Staatschef im Norden Syriens anordnen wird, um die „Flüchtlingsfrage zu lösen“.

Geht sein Plan auf, wäre Erdogan die syrischen Flüchtlinge los und hätte das Selbstverwaltungsprojekt in Nordsyrien zerschlagen. Zugleich hätte er einen Plan verwirklicht, den bereits 1963 ein gewisser Muhammad Talab al-Hilal, ein syrischer Geheimdienstchef, der syrischen Regierung vorgelegt hatte. Um die „kurdische Gefahr“ zu bändigen, bedürfe es einer umfassenden Umsiedlungspolitik. Nur so ließe sich die „Vernichtung dieses Tumors“ bewerkstelligen. Die Pläne al-Hilals sollten im Rahmen der Politik des arabischen Gürtels später vom Baath-Regime aufgegriffen werden. Auch wenn tausende kurdische Familien in den Süden Syriens deportiert und ebenso viele arabische Familien bis Mitte der 70er Jahre in Nordsyrien angesiedelt wurden, ist der Plan nie in voller Gänze umgesetzt worden.

Nun will Erdogan genau das verwirklichen, was dem Baath-Regime nie gelungen ist: Ein arabischer (Bevölkerungs-)Gürtel, der als Puffer zwischen der kurdischen Bevölkerung in Nordkurdistan und Rojava dienen soll. Ob er das verwirklichen kann, hängt aber nicht nur von seiner Durchsetzungskraft gegenüber der EU, den USA oder Russland ab. Am Ende werden die Verteidigungskräfte Nord- und Ostsyriens auch ein Wort mitzureden haben.

Kriegsbilanz der HPG 2018


Quelle: ANF, 03.01.2019

Das Oberkommando des Hauptquartiers der Volksverteidigungskräfte hat seine Jahresbilanz zum Krieg in Nordkurdistan und den südkurdischen Medya-Verteidigungsgebieten vorgestellt. Demnach fanden im vergangenen Jahr 556 Guerillaaktionen statt.

Symbolbild HPG

Das Oberkommando des Hauptquartiers der Volksverteidigungskräfte HPG (Hêzên Parastina Gel) hat eine Bilanz für das vergangene Jahr zum Krieg gegen die türkische Armee in Nordkurdistan und den südkurdischen Medya-Verteidigungsgebieten (Qadên Parastina Medya) vorgestellt. Darin heißt es: „Das Jahr 2018 geht als ein sehr wichtiges Jahr in die Geschichte des Freiheitskampfes in Kurdistan ein und war ein Jahr voller Unterdrückung und Widerstand.“

„Das System des türkischen Staates konnte keines seiner Ziele erreichen“

Der türkische Staat sei auf ganzer Linie mit seinen Plänen, Südkurdistan und die Medya-Verteidigungsgebiete zu besetzen, gescheitert und habe auch im Norden schwere Niederlagen einstecken müssen, teilt das HPG-Oberkommando mit. Weiter heißt es in der Erklärung: „Ganz gleich in welchem Teil Kurdistans, das faschistische AKP-Regime versucht überall, die Errungenschaften unseres Volkes zu zerschlagen. Im vergangenen Jahr wollte es sein Vernichtungskonzept weiter vertiefen. In diesem Sinne fand bereits im ersten Abschnitt des Jahres 2018 ein Widerstandskampf von historischem Ausmaß gegen die Invasion in Efrîn statt. Mit Beginn des Frühlings stieß der Krieg auch in den Medya-Verteidigungsgebieten sowie in Nordkurdistan auf einen großangelegten Widerstand.

Der AKP/MHP-Faschismus setzte all seine Hoffnungen auf die fortschrittlichste Waffentechnologie und führte das ganze Jahr über massive Luftangriffe in allen Teilen Kurdistans durch, um sich gegen die Freiheitsguerilla durchzusetzen und sie zu vernichten. Mit diesen Angriffen sollte unsere Bewegung neutralisiert, unser Volk eingeschüchtert und auf unseren Vorsitzenden Apo Druck ausgeübt werden.

Doch das System der türkischen Republik hat im Kampfjahr 2018 keines seiner Ziele erreicht. Weder konnte es sich gegenüber der Revolution in Rojava noch durch Angriffe in Nordkurdistan und den Medya-Verteidigungsgebieten behaupten. Die HPG haben in historischem Ausmaß Widerstand geleistet und so den Besatzungsplan der kolonialistischen türkischen Armee zerschlagen.“

Türkei verbirgt wahre Verluste

Das HPG-Oberkommando betont, der türkische Staat versuche seine schweren Verluste zu verbergen und die Öffentlichkeit zu täuschen. In der Erklärung heißt es:

„Die Freiheitsguerilla Kurdistans ist bemüht, die für das 21. Jahrhundert notwendige neue Form des Guerillakampfes auf effektivste Weise umzusetzen. Mit einem Verteidigungskrieg hat sie 2018 einerseits den kolonialistischen Feind daran gehindert, Kurdistan vollständig zu besetzen, und ihm andererseits mit wirksamen Aktionen schwere Schläge versetzt. Das AKP-Regime erlitt bei dem Angriff auf die türkische Militärbasis Süngü nahe Bêsosin (Ortaklar) im Kreis Şemzînan (Şemdinli) sowie bei Einsätzen in Bradost, Serhat, an der Zap-Front, in Botan und überall in Kurdistan schwere Niederlagen. Das Regime sieht es als seinen einzigen Ausweg, diese Wahrheit zu verbergen. In diesem Sinne wurden kleine Erfolge zu Siegesmeldungen aufgeblasen und so der Öffentlichkeit präsentiert und andererseits trotz Videodokumentation der Guerillaaktionen Verluste in den Reihen des Militärs verheimlicht und die Bevölkerung somit getäuscht. Aber mittlerweile wissen alle, dass die Wahrheit der kurdischen Freiheitsbewegung nicht zu verbergen ist. Der Krieg in Kurdistan wurde der Öffentlichkeit vom HPG-Pressezentrum auf gewissenhafte und nachvollziehbare Weise vermittelt. Menschen, die eine präzise und korrekte Bilanz des Krieges erfahren möchten, können diese durch Erklärungen der Volksverteidigungskräfte verfolgen.

Ohne jeden Zweifel sind alle Erfolge, die unsere Bewegung und unsere Bevölkerung trotz massiver feindlicher Angriffe im Jahr 2018 verbuchen konnte, auf unsere heldenhaften Gefallenen, die ihr Leben für die Freiheit geopfert haben, zurückzuführen. Wir gedenken unserer gefallenen Kommandantinnen und Kommandanten, angefangen bei Zekî Şengalî, Atakan Mahir, Çetin, Cuma, Medya, Dicle, Tarik, Cudi, Vedat, Jîndar, Rizgar, Roza, Sorxwîn und all unserer anderen mutigen Gefallenen mit tiefem Respekt und großer Dankbarkeit.

Als Volksverteidigungskräfte Kurdistans werden wir die uns übergebene Fahne der Freiheit aufrecht halten. Im Jahr 2019 werden wir den Kampf zur Befreiung des Vorsitzenden Apo und der Bevölkerung Kurdistans wirksam weiterführen. Wir erfüllen mit der Veröffentlichung dieser Bilanz des Jahres 2018 im Krieg gegen den türkischen Kolonialstaat unsere revolutionäre Pflicht.“

Die Kriegsbilanz für das Jahr 2018 lautet:

Luftangriffe und Bodenoperationen des türkischen Militärs

Bodenoperationen: 163

Luftangriffe: 370

Kampfhubschrauberangriffe: 313

Artillerieangriffe: 558

Bilanz der Aktionen gegen die Angriffe

Durchgeführte Guerillaaktionen: 556

Nahkampfgefechte: 59

Aktionen mit unklarem Ergebnis: 220

Getötete feindliche Kräfte (Polizei, Militär u.a.): 2103

Getötete ranghohe Angehörige von Militär, Polizei etc.: 12

Verletzte feindliche Kräfte (Polizei, Militär u.a.): 418

Vernichtete Militärfahrzeuge (gepanzert): 43

Vernichtete Militärfahrzeuge (ungepanzert): 13

Vernichtete Baumaschinen: 29

Beschädigte Militärfahrzeuge (gepanzert): 33

Abgeschossene Kampfdrohnen (SIHA): 1

Abgeschossene Drohnen: 5

Beschädigte Aufklärungsflugzeuge: 1

Beschädigte Hubschrauber: 10

In Gefangenschaft geratene Freundinnen und Freunde: 19

Gefallene Freundinnen und Freunde: 523

Jahresbilanz der QSD 2019


Zu allen Abkürzungen und Namen von Organisationen findet ihr eine kurze Beschreibung in der Übersicht zu kurdischen Organisationen und anderen Parteien in Kurdistan oder in der Übersicht zu faschistischen Organisationen in Kurdistan.

Fahne der QSD, 2019

Quelle: ANF, QSD stellen Jahresbilanz des Widerstands vor, 03.01.2020

Die Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) haben ihre Jahresbilanz zum Widerstand gegen die völkerrechtswidrige Invasion der Türkei in Nord- und Ostsyrien sowie zum Kampf gegen die Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) vorgestellt. Der Bericht enthält neben einer Übersicht zu den Kriegshandlungen der türkischen Armee und ihren dschihadistischen Verbündeten im Zuge des andauernden Angriffs auf die selbstverwalteten Gebiete in Rojava seit dem 9. Oktober 2019 auch Details zur Offensive gegen den sogenannten IS, dessen Territorialherrschaft in Syrien im vergangenen März mit der Befreiung der letzten IS-Bastion al-Baghouz zerschlagen wurde.

Das gesamte Jahr 2019 war geprägt vom Widerstand der Völker Nord- und Ostsyriens gegen den türkischen Staat, den IS und andere Aggressoren und Invasoren, die Macht- und Territiorialansprüche stellen. Nach dem im Jahr 2011 ausgebrochenen „Bürgerkrieg“ leidet das Land heute unter einem Stellvertreterkrieg. Inmitten verworrener Konflikte angesichts der Akteurskonstellation führen die Menschen in Rojava seitdem einen unerbittlichen revolutionären Kampf, um ihre Würde und Freiheit zu verteidigen.

„Der Widerstand, den wir heute vorbringen, hat mit dem Willen der Menschheit, für gemeinsame freiheitliche Werte einzutreten, ein internationalistisches Niveau erreicht. Aufgrund dieser Haltung stellt der Angriff des Besetzerstaates Türkei ein nationales Problem dar.

Unseren Kräften ist es gelungen, die Territorialherrschaft des IS zu zerschlagen und das perfide System der Sklaverei zu beenden. Um den Frieden und die Sicherheit der Völker in der Region zu gewährleisten, haben die QSD ihre Verantwortung gegen alle Arten von Angriffen, Besetzungen und Terrorismus bedenkenlos auf Grundlage der legitimen Selbstverteidigung erfüllt. Der 23. März 2019 markierte den Zeitpunkt, an dem wieder Frieden einkehrte. An diesem Tag wurde al-Baghouz, die letzte Bastion der Terrororganisation IS in der ostsyrischen Region Deir ez-Zor, befreit. Damit wurde der Kampf gegen die verbleibenden IS-Schläferzellen beschleunigt“, erklären die QSD einleitend in ihrer Bilanz.

1.306 Islamisten in drei Monaten getötet

„Innerhalb eines Zeitraums von drei Monaten wurde die Kleinstadt Hajin sowie ihr Umland im Rahmen unserer Offensive ‚Gewittersturm Cizîrê‘ befreit. Im Zuge dessen konnte der Tod von 1.306 IS-Dschihadisten festgestellt werden. Mehr als 29.600 Mitglieder der Terrororganisation und Angehörige wurden gefangengenommen. Insgesamt ist ein etwa 7.000 km² großes Gebiet vom Terror befreit worden.

Während der Offensive sind große Mengen an militärischem Rüstungsgut und Munition, Dokumenten und Kommunikationsgeräten sichergestellt worden. Bei mehr als 40 Spezialeinsätzen unserer Antiterror-Einheiten konnten zudem zahlreiche Anschläge und Massaker vereitelt werden. Außerdem sind weitere vier Operationen gegen Schläferzellen, die vom türkischen Geheimdienst MIT koordiniert wurden, durchgeführt worden.

Eigene Verluste

Im Rahmen unseres Kampfes gegen den Terror sind insgesamt 256 unserer Freundinnen und Freunde im selbstlosen Widerstand gefallen. An der erfolgreichen Operation, die zum Tod von IS-Führer Abu Bakr al-Baghdadi führte, waren neben US-Truppen und Kräften der internationalen Koalition gegen den IS gleichermaßen unsere Kräfte beteiligt.“

Legitime Selbstverteidigung gegen die Invasion

Die QSD machen darauf aufmerksam, dass die Angriffe der Türkei auf Nord- und Ostsyrien nach dem Sieg über den IS zunahmen und schließlich in der Invasion mündeten, die mit Hilfe islamistischer Proxys im Dienste Ankaras seit knapp drei Monaten andauert. Zu den Geschehnissen seit Beginn des Angriffskrieges teilen die QSD mit: „Der türkische Besatzungsstaat führt gemeinsam mit seinen Dschihadistenmilizen und unter Einsatz von Panzergeschützen, Bodenartillerie, Kampfdrohnen und Kriegsflugzeugen entlang der gesamten Grenze zu Nordsyrien und Nordostsyrien genozidale Angriffe durch. Infolge dieser Angriffe sind knapp 400.000 Menschen aus ihren Heimatorten vertrieben worden. 522 Zivilist*innen wurden getötet, weitere 2.757 verletzt.

Die türkische Armee setzt auf unterschiedslose Kriegführung. Insbesondere entlang der Grenzlinie wurden und werden zivile Siedlungsbiete intensiv bombardiert. Die QSD erwidern jegliche Art von Angriff auf Grundlage der legitimen Selbstverteidigung.“

Zahlen und Fakten zum Krieg der NATO-Partners Türkei in Rojava

Nach QSD-Angaben hat die Türkei seit Beginn des Krieges gegen Nordsyrien insgesamt 379 Luftangriffe durchgeführt. Weitere 1.021 Angriffe erfolgten mit Panzern, schweren Waffen und weiterer Bodenartillerie. Im Zuge der Verteidigung wurden 1.534 türkische Soldaten und islamistische Proxys getötet. Weitere 294 Angehörige der Invasionstruppen wurden verletzt.

Bilanz über vernichtetes Rüstungsgüter

Panzer (7), gepanzerte Truppenfahrzeuge (17), Schützenpanzer vom Typ BMP-1 (11), sonstige militärische Fahrzeuge (69), Fahrzeuge mit aufmontierter Flugabwehr (11), Arbeitsmaschinen (2), Motorräder (2).

Plädoyer

Wie es abschließend in der Bilanz heißt, greifen die Besatzungstruppen trotz angeblichem Waffenstillstandsabkommen weiterhin großflächig die selbstver- walteten Gebiete in Rojava an. Infolge dieser Verstoße ist es bisher zu 508 Verlusten in den Reihen der Demokratischen Kräfte Syriens gekommen. 1.547 Kämpferinnen und Kämpfer wurden verletzt, weitere 73 Angehörige sind in Gefangenschaft geraten. Die Städte Serêkaniyê (Ras al-Ain) und Girê Spî (Tall Abyad) sind durch die Absegnung Russlands und der USA vollständig von der Türkei besetzt worden. Die QSD unterstreichen die besondere Rolle der Frauen- verteidigungseinheiten YPJ (Yekîneyên Parastina Jin) beim Widerstand in Rojava.

„Operation Quelle des Friedens“ oder der Vernichtungsfeldzug der Türkei gegen Rojava (2019)

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Was ist die Revolution in Rojava?


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Gelebte Utopie? Selbstverwaltung in Rojava – Ein Vortrag von Anja Flach (26.04.2017)

Mehr als zwei Jahre – von 1995 bis 1997 – war Anja Flach als Internationalistin in den Bergen Kurdistans und hat dort das Leben der Guerillaeinheiten der kurdischen Befreiungsbewegung kennen gelernt und geteilt. Mitten in einem Krieg gegen die zweitgrößte Armee der NATO wird sie Augenzeugin und Teilnehmerin des noch immer andauernden Versuchs, ein anderes Leben aufzubauen – ein Leben, das für das unter Jahrhunderten Krieg, Unterdrückung und Verleugnung leidende kurdische Volk ebenso eine menschenwürdige Perspektive bietet wie für die zerstörten Beziehungen zwischen Männern und Frauen und für die einzelnen ProtagonistInnen dieses Kampfes.

#DefendRojava I “Was heute in Rojava stattfindet verstehen wir als Revolution.“ (Civaka Azad, Juni 2018)

Teilung Kurdistans, Revolution in Rojava, Angriffskrieg der Türkei auf Afrin, internationale Beziehungen, Analyse der Reaktionen der europäischen Linken

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